Auf dem Weg an den Urlaubsort im hohen Norden der Republik beschlossen wir einen Zwischenhalt in Mecklenburg Vorpommern. Um nichts falsch zu machen wählten wir direkt die Landeshauptstadt als Anlaufpunkt: Schwerin! Für uns Bayern, die wir keine Verwandtschaft
oder Geschäfte in dieser Stadt haben, sicherlich ein ungewöhnliches Reiseziel. Aber neugierig sind wir eben schon und spontan dazu und wenn es schief geht steigen wir schnell wieder in den Caddilac und brausen davon.
Gegen Abend, mitten im April kamen wir an und genossen die letzten Sonnenstrahlen bei einem gemütlichen Spaziergang um den Pfaffenteich herum, entlang der geschichtsträchtigen Gebäude der heutigen Landesregierung. Zum Abendessen im Stadtkrug gab es das dort gebraute Bier und ein Schmalzbrot und danach noch einen Spaziergang durch die überschaubare Fußgängerzone. Wer den Freitagabend in der Innenstadt von München, Regensburg oder Straubing kennt, fühlt sich hier um diese Zeit bestimmt sehr einsam. Fühlt sich an wie Straßkirchen, gemessen an der Menschenmenge. Macht aber nichts – denn fast alle Gebäude sind herausgeputzt und erinnern nicht an die Zeit vor dem Mauerfall. Das Hinterhofhotel in dem wir uns zum Schlafen niederlegen ist zwar nichts besonderes aber eben auch nicht teuer.
Der nächste Tag beginnt mit einem Frühstück in einem fensterlosen Raum in dem es uns nicht lange hält. Als Urlauber hat man eben auch Bedürfnisse: Durch die Geschäfte stöbern und wenn es geht ein bisschen Kultur. Die Fußgängerzone rund um den Rathausplatz bis hin zum Schloss hat durchaus etwas zu bieten. Nicht die Vielfalt einer Großstadt wie München aber dafür ein paar gut sortierte Läden mit freundlichen Menschen, die mit norddeutscher Höflichkeit und ganz besonderem Witz gerne auch mal Touristen aus Bayern bedienen. Das war übrigens in ganz Schwerin der Fall und so führten wir im Laufe des Tages einige nette Gespräche ohne Vorbehalte und Ressentiments. Kunstläden gibt es einige sehr schöne auch das Design der DDR hat sein eigenes kompetent geführtes Ladengeschäft – wo wir allerdings „nur“ den russischen Wodka der Marke „Partisan“ mitnahmen. Für Überraschung sorgte ein Lokal, das wohl einen besonderen Auftrag hat, denn es bot zur original österreichischen Speisekarte mit allen bekannten Knödeleien das hervorragende Salzburger Stiegl Bier aus dem Fass. Falls nötig, wäre dadurch das Überleben abgesichert!
Das Mittagessen in einem noch ziemlich originalen Café mit DDR-Feeling (sehr nostalgisch!) bestand aus Kartoffelsuppe und einer Torte als Nachspeise. Danach gings kreuz und quer durch die Gassen auf dem Weg zu einer Ausstellung mit Pflanzenbildern. An einer Engstelle behinderte ein parkendes Touristenauto, nein, es war kein Caddilac, einen Stadtbus, der deshalb nicht weiterfahren konnte. Die Angelegenheit wurde sehr ruhig und mit hanseatischer Gelassenheit geregelt, kein böses Wort und kein bisschen Aufregung. Nach anderthalb Stunden, wir kamen von der Ausstellung zurück, wurde dann stressfrei abgeschleppt.
Die Ausstellung in einem schönen alte Fachwerkhaus war zwar sehr übersichtlich aber durchaus sehenswert, schon wegen des schönen Gartens im Hinterhof. Das kulturelle Leben in Schwerin ist jedoch nicht nur idyllisch. Etatkürzungen und Entlassungen im Theater sorgen seit langem für Unmut. Doch es gibt eine breite Offensive, mit der die Mitarbeiter des Theaters gegen weitere Entlassungen ankämpfen. Die Unterstützung der Bevölkerung ist groß und so sieht man in vielen Fenstern das Plakat mit dem roten X, dem Symbol des Widerstandes!
Den Rest des Tages verbrachten wir mit einer ausgedehnten Radltour entlang des Ufers des Schwerinsees – mit verschiedenen Blicken auf das imposante Schweriner Märchenschloss. Tolle Gegend an einem gar nicht so kleinen See! Auf der Rückfahrt nach der obligatorischen Besichtigung des Schlosses, kamen wir dann auch ein Stück hinein in die Wohnviertel, wo man durchaus den Plattenbau der alten DDR noch sieht und wo in den Straßenzügen heruntergekommene alte Häuser und verrammelte Ruinen zu finden sind. Letzteres hat für uns Wessies aus dem Süden schon wieder etwas Charmantes. Wer weiß, wie lange man so etwas hier noch finden wird.
Das Abendessen nahmen wir später in einem kleinen Feinschmeckerlokal in der Innenstadt zu uns, dessen Speisekarte wir beim Stadtbummel am Morgen schon studiert hatten. Mit einem letzten Spaziergang durch die Innenstadt verabschiedeten wir uns von Schwerin, das mit seinen sympathischen Bewohnern für positive Erinnerungen sorgte.
Nach einem kurzen Frühstück ging die Fahrt am nächsten Morgen weiter zum eigentlichen Urlaubsziel auf der Nordsee-Hallig.