Earth 3.0 – Teil 2

Lies zum besseren Verständnis zuerst Teil 1

 

Der Energieinspektor JW00 war in seinen letzten beiden Dienstjahren mehrfach mit seinen Vorgesetzten aneinander geraten. Seine eigene Interpretation dazu war recht einfach: Machst du Dienst nach Vorschrift, verlangen sie Kreativität und zusätzliche Einsatzbereitschaft, am Besten 24 Stunden am Tag, bist du aber kreativ und hältst dich dabei nicht immer strikt an die Regeln, dann nennen sie das ein Dienstvergehen.
Also hatte sich JW00 angepasst: Diskretes Überschreiten der Regeln und kurze Berichte ohne allzuviele Details über sein Vorgehen, hatten ihm seltsamerweise lobende Worte von Oben eingebracht und es ihm ermöglicht, dass er seit einiger Zeit seine Fälle ungestört von Partnern und neugierigen Fragen der Vorgesetzten auf seine Art und Weise erledigen konnte. Auch in der Ökodekade 2 zählten hauptsächlich die Erfolge, wie sie zu Stande kamen, war zweitrangig!

Der Einsatz seines privaten Universaldekoders war so eine kleine praktische Überschreitung der Regeln, die in keinem seiner Berichte stand. Mit diesem Gerät ließen sich fast alle Türen ohne Eintrag in irgendeine der zahlreichen Datenbanken öffnen. Natürlich war das illegal und der Besitz allein schon strafbar aber eben höchst effektiv.
Es war auch nicht ganz einfach gewesen an diesen unregistrierten Prototypen zu gelangen und es hatte JW00 ganz schön was gekostet. Schlimmer war jedoch die Abhängigkeit, die entsteht, wenn jemandem einem Energieinspektor einen Gefallen tut. Doch das ist eine andere Geschichte, an die JW00 jetzt überhaupt nicht denken wollte. Denn er hasste nichts mehr als diese Abhängigkeit.

 

Bevor er nun daran ging, die Tretmühlen am Ende des Ganges zu inspizieren, erlaubte er sich einen kleinen Abstecher in die automatische Schaltzentrale der Wohnanlage. Außer dem Wartungspersonal hatten Menschen hier normalerweise nichts zu suchen, es sei denn sie besaßen einen passenden Dekoder und suchten nach etwas.

JW00 steuerte zielstrebig auf das Bedienfeld zu. Mit wenigen geübten Eingaben hatte er, was er brauchte. Vor ihm erschien die Übersicht, die anzeigte welche der Bewohner sich gerade in ihrer Wohnwabe aufhielten und welche nicht. Sein geschätzter Herr Bruder war natürlich nicht in seiner versifften Höhle, obwohl er seinen Dienst auf der Algenplantage sicher schon längst beendet hatte. Der pünktliche Feierabend war das einzige Zuverlässige und sicher Vorhersehbare an RW00 – zumindest aus der Sicht von JW00.

Warum allerdings in den oberen Etagen die meisten Vögel ausgeflogen waren, während weiter unten scheinbar alle brav im Nest saßen und ihre privaten Eier ausbrüteten, das kam ihm statistisch betracht schon ziemlich ungewöhnlich vor.


„Na, wir werden ja sehen was das zu bedeuten hat“, dachte JW00 und schaltete weiter zur Belegungsliste der Tretmühle.
Dort war offensichtlich keiner aus den oberen Wohnwaben anzutreffen aber andererseits, es gab auch keine gespeicherten Fehlzeiten. Alle hatten anscheinend brav ihre Pflichten erfüllt!
Das wies wiederum stark auf einen, der wirklich selten gewordenen, technischen Defekte hin und JW00 würde nun ganz tief in die Katakomben steigen müssen um dies zu überprüfen.

Gerade als er sich aus dem System ausloggen wollte, fiel ihm aber noch etwas auf. Sein Bruder hatte scheinbar eine massive Persönlichkeitsveränderung durchgemacht, oder wie sonst ließ es sich erklären, dass er laut Datenbankeintrag fast einen ganzen Monat im voraus gestrampelt hatte. Soviel Zeit in der Tretmühle grenzte ja schon fast an ein Fitnessprogramm. Das war wiederum so untypisch für seinen Bruder, dass er der Sache ein bisschen Aufmerksamkeit widmen wollte. Er würde den Anstandsbesuch ganz einfach als Dienstzeit abrechnen und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen!
Statistisch waren die Bewohner der oberen Etagen offensichtlich die besseren Einspeiser, wie die Tabelle deutlich machte – und wie JW00 vermutete hatte das nichts mit der Nähe der Waben zur Erdoberfläche zu tun – ganz gewiss nicht.
Auf der anderen Seite war dieses Verhalten keineswegs illegal. Im Gegenteil, es war sogar gesellschaftlich erwünscht, erhöhte es doch den so dringend benötigten Vorrat an Energie.

Die flächendeckende Einführung der Tretmühlen hatte einige erwähnenswerte gesellschaftliche Verbesserungen zur Folge, zum Beispiel war die allgemeine Krankheitsrate deutlich gesunken. Die Rate der Herzinfarkte war sogar um mehr als die Hälfte gesunken. Die tägliche Stunde Volkssport sorgte für größere körperliche Leistungsfähigkeit der gesamten Bevölkerung und sparte enorme Kosten im Gesundheitswesen. Das war mehr als nur ein positiver Nebeneffekt.
Nahm man noch die Verwertung des Schwitzwassers mit auf die Rechnung, dann ergab das eine wunderbare Ökobilanz für die Tretmühlen. Aber was zum Teufel hatte das mit seinem Bruder RW00 zu tun?

 Stimmen draußen auf dem Flur ließen ihn aufhorchen, offenbar waren eine ganze Menge Leute gleichzeitig mit ihrem Fitnessprogramm im Energieerzeugungsraum fertig und liefen nun im Gang zurück zum Treppenhaus um dann in ihre Waben zurückzukehren oder sonstwohin zu gehen.

 JW00 blieb unsichtbar für die Ökobürger im Schaltraum verborgen und ließ den Pulk der hörbar gut gelaunten Bewohner vorbeiziehen. Dann aktivierte er nochmal die Anzeige der oberen Etagen. Sein Verdacht, dass da etwas nicht stimmte, so unbestimmt er auch gewesen sein mochte, bestätigte sich, denn Wabe für Wabe sprang die Anzeige um und über 50 Bewohner waren nun nachweislich wieder in ihren Wohnstätten an zu treffen. Wenig verwunderlich, dass RW00 ebenfalls zu den gut gelaunten Heimkehrern gehörte, die diesmal definitiv nicht aus den Tretmühlen gekommen waren.
Jetzt war JW00 mehr als gespannt darauf, was sein älteres, besserwisserisches Brüderlein denn zur Klärung des Phänomens beitragen würde. Schließlich roch hier etwas ziemlich faul, oberfaul sogar!

To be continued…


Der dritte und vorletzte Teil wird dann veröffentlicht, wenn 5 unterschiedliche Personen es sich, in einem hier abzugebenden Kommentar, ausdrücklich wünschen!!
Renaldo, am Samstag, 15.09.2012

7 Gedanken zu „Earth 3.0 – Teil 2“

  1. Wenn man nun als Krisenmanager die Kommentare zu Earth 3.0 liest, dann kann man wahrlich nur erahnen, wie sehr die Geschichte die erlesenen Leser berührt. Sprich man braucht viel Fantasie und noch mehr freie Erfindungsgabe um diesen Gedanken überhaupt in Erwägung zu ziehen, wo er doch jeglicher Grundlage in der sich darbietenden Realität entbehrt.
    Wenn dann noch vermutet und unterstellt wird, dass die Fortsetzung der Geschichte wahrscheinlich gar nicht existiert und hier nur Kommentare gesammelt werden um des Sammelns von Kommentaren willens, dann muss der Krisenmanager eingreifen und Partei ergreifen für seinen Autor (ist nämlich was anderes als outdoor!).
    Der angekündigte dritte Teil liegt dem Krisenmanager als Manuskript vor, ebenso die Aussage des Autors, dass der so lang sei, dass er nochmals geteilt werden müsse.
    Ich habe ihm vorgeschlagen, das zu kürzen, damit es nicht wie ein Reisebericht wirkt, worauf sich Renaldo aber auf keinen Fall einlassen wollte. Er meint wörtlich: „Die zahlreichen Wiederholungen sind notwendig, damit sich die drei Leser überhaupt etwas merken können!“
    Nun wird es spannend! Werden die Bedingungen für die Veröffentlichung erfüllt oder bleibt der Rest der Geschichte für immer im Dunkeln? Der Verlust für die Menschheit wäre in jedem Fall Überschaubar, jawoll!
    Euer Krisenmanager

  2. @Anna:
    So wie der Plural ‚Autoren‘ die Vielzahl an Persönlichkeiten des Autors widerspiegeln kann (sind wir nicht alle ein bißchen Paranoiker?), genau so spiegeln sich die Persönlichkeiten des Paranoikers in Identitäten wider… er hat immerhin drei unterschiedliche email-Adressen für sein Kommentarein- und -hinterlassungen bemüht, reicht das etwa nicht?
    Renaldo, hab Erbarmen! Oder weiß der Autor etwa selber nicht, wie er seine Geschichte fortsetzen soll und versucht nun, durch das Aufbauen unüberwindlicher Hürden (fünf (!) unabhängige und dann auch noch positive (!) Kommentare!) davon abzulenken?
    Der Paranoiker ist gespannt!

  3. Nein! ‚Autoren‘ war kein Schreibfehler! Sondern eine stilistische Steigerung des Dativs. Oder eine Reminiszenz an die Vielzahl der Verfasser….

  4. Sollten es nicht 5 UNTERSCHIEDLICHE Personen sein?? Lieber Paranoiker,mir scheint, Du wirst ob Deiner Gier nach Neuem zu leichtsinnig…!
    Nichtsdestotrotz (was für ein tolles Wort!) hier meine Bitte an den kongenialen Autoren:
    Fortsetzung und Schlußpointe werden erwünscht!
    Herzliche Grüße
    Ein Fan

  5. Teil 3!
    Schließlich will der Paranoiker wissen, worum es eigentlich geht und wer sich hinter den kryptischen Namen versteckt…

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