Wenn man sich auf Tagungen oder Kongressen befindet, dann trifft man auf die weit verbreitete Spezies der Selbstdarsteller, die unruhig mit den Füssen scharrend darauf wartet, dass sie selbst endlich vorne stehen und mit dem Mikrofon in der Hand loslegen kann.
Wenn sie sich dann erfolgreich nach vorne gedrängelt haben, ist das was sie sagen fast immer für die Versammelten nur von peripherem Interesse, denn all zu oft erzählen sie ausschließlich von sich und wie es bei ihnen so läuft, wie sie dies oder das getan haben, trotz widrigster Umstände kurz, wie gut sie selber sind und wie toll es dort ist, wo sie herkommen. Das Tagungsthema oder die aktuelle Fragestellung dürfen da getrost in den Hintergrund treten oder gleich ganz vergessen werden.
Erstaunlich ist, dass viele der Anwesenden gar nicht wahr zu nehmen scheinen, dass hier nur geblubbert wird. Wenn Projekte als eigene Erfindungen dargestellt werden, obwohl dasselbe oder ähnliches, in der Regel besser und konzeptionell bereits abgesichert, im Umfeld aller Anwesenden bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt wird. Vielleicht muss eben gerade deshalb auch nicht noch einmal hier und jetzt darüber gesprochen werden – wo es doch ein alter Hut ist, um den es hier geht.
Applaus kommt aus der Menge und man könnte zum nächsten Tagungspunkt übergehen. Doch leider hat die Moderatorin es versäumt das Mikrofon rechtzeitig ein zu sammeln und der Selbstdarsteller, angestachelt vom Applaus, bringt seine wichtigen Ergänzungen noch an, die rein zeitlich gesehen, seinen Erstbeitrag übertreffen, während es sich inhaltlich eindeutig um eine Wiederholung handelt – zugegebenermaßen unter Einbeziehung unwichtiger Zusatzinformationen.
Draussen vor der Tür findet sich unterdessen die Gruppe derer, die das Prozedere nicht mehr ertragen konnte und die dann, obwohl eigentlich Nichtraucher, gerne zur angebotenen Zigarette greift. Hier finden sich dann die wahren Experten, die gnadenlos, das drinnen Gesagte in der Luft zerreissen, weil sie in ihrem Umfeld ja schon seit Jahren das Gleiche oder Anderes viel besser machen und nur hier sind, weil sie mal sehen wollten, wie die anderen das so machen.
Klar, dass diese Voyeure sehr oft enttäuscht nach Hause fahren müssen, ohne dass sie auf der Tagung umwerfend Neues erfahren haben!